Die Keimzelle der klassischen koreanischen Ensemblesuite Yeongsanghoesang war ein Ensemble-begleiteter buddhistischer Gesang Yongsan hoesang pulbosal (Buddha lehrte auf dem heiligen Felsen), eines der ersten Stücke, die im Rahmen der von König Sejong (reg. 1418 bis 1450) initiierten Reform von Schrift und Musik notiert wurden. Um dieses Stück herum, dessen Melodie nunmehr ohne Gesang und im wahrscheinlich originalsten Zustand dem vierten Satz Garakdeori zugrunde liegt, entstanden durch Variation und Hinzufügung mehrere Ensemblesuiten.
Die “Zumutung” oder Herausforderung, die diese Musik durch ihre beharrliche Langsamkeit dem heutigen Hörer (egal ob Koreaner oder Europäer) bietet, ist die einer Kultur, die sich über Jahrhunderte hinweg herausgebildet und verfestigt hat. Und so ist auch die Erschütterung, die sie hervorruft, vergleichbar mit der, die man beim Anblick 1000 Jahre alter Eichen oder phantastisch aufragender Gebirgsketten erlebt.
Es ist schwer zu entscheiden, ob es sich bei dieser Suite um traditionelle Musik, also um eine lebende Musik, oder um Musik einer untergegangenen Epoche handelt. Die sozialen und weltanschaulichen Bedingungen sind spätestens mit der durch die japanische Besetzung (1910 bis 1945) bewirkten Kulturzerstörung aufgehoben worden - die Klasse der Gelehrten und der Bourgeoisie läßt sich heute so distinkt nicht mehr ausmachen. Hinzu kommt, daß sich auch durch das alleinige Abspielen der Noten, die teils aus Worten, teils aus graphischen Zeichen bestehen, eine wirkliche Aufführung nicht realisieren läßt. Denn aus den 500 Jahren der Joseon-Ära werden die Spieltechniken, die Maßstäbe der Interpretation, auch heute noch mündlich überliefert.
Die für Korea typische formale Eigenart, die auch in manch anderen traditionellen Musikformen vorkommt (z.B. die volkstümlichen Solosuiten Sanjo), besteht darin, daß die Musik sehr langsam beginnt und sich dann allmählich im Tempo steigert.
In Yeongsanhoesang sammeln sich typische Eigenschaften und Elemente der Musik der koreanischen Aristokratie in modellhafter Form und sind damit grundlegend für das Verständnis der koreanischen klassischen Kultur.