Sie sind Schriftgestalterin. Was kann man sich unter diesem Beruf vorstellen, und was ist der Unterschied zum Typographen/ zur Typographin?
Die Aufgabe von Schriftgestaltern ist es, sich darum zu kümmern, wie eine Schrift aussieht, ob die Buchstaben etwa weit oder schmal sind oder ob die Proportionen der einzelnen Buchstaben dynamisch oder eher statisch sein sollen. Typographen benutzen diese Schrift dann für ihre Gestaltung. Sie entscheiden demnach, wie die Schrift eingesetzt wird, die der Schriftgestalter zuvor kreiert hat.
Sie haben an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) studiert. Mit welchen Inhalten haben Sie sich während Ihres Studiums auseinandergesetzt?
Ein wenig mit Animation, Editorial und Werbung. Zuerst dachte ich, Editorial, die Gestaltung mit Texten, wäre für mich die Zukunft, da ich schon immer gern mit Schrift gearbeitet habe. Als ich nach dem vierten Semester die „Type Design“-Kurse [type design: englische Bezeichnung für Schriftgestaltung, Anm. d. Red.] entdeckte, habe ich mich nur noch damit befasst. In diesen Kursen konnten wir uns frei entfalten: Wir haben sehr viel damit experimentiert, wie Schrift aussieht, wenn man unterschiedliche Werkzeuge zum Schreiben benutzt - vom Kugelschreiber über Blätterlaub bis hin zum Bindfaden. Darüber hinaus beschäftigt man sich auch intensiver mit dem Aussehen und der Form von Buchstaben: Wie genau sehen zum Beispiel Serifen (die kleinen Füßchen, die man an manchen Schriften findet) aus?
Haben Sie sich im Rahmen Ihres Studiums auch mit dem Aufbau von Sprachen (Syntax etc.) auseinandergesetzt oder lediglich mit der äußeren Form?
Nein, in meinem Studium setzt man sich eher mit der inhaltlichen Struktur von Werbung (der Ideenfindung und dem strategischen Umsetzen von Werbekampagnen) auseinander, und selbst das, was man über Schriftgeschichte lernt, bezieht sich nur auf die lateinischen Buchstaben. Für die Umsetzung meiner Idee musste ich demnach andere Quellen finden. Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg hat mir dafür das perfekte Umfeld geboten. Ich habe die Bücher über Linguistik und Koreanistik quasi verschlungen.
Wie kam Ihr Kontakt nach Korea zustande, und wie lange haben Sie sich dort aufgehalten?
Mit dem Taekwondo-Verein bin ich 2012 nach Korea gereist, um dort zu trainieren und das Hanmadang-Festival, ein internationales Taekwondo-Festival in Seoul, zu besuchen. Wir waren leider nur zwei Wochen im Land, aber das, was wir dort gesehen und erlebt haben, war umwerfend. Obwohl Korea ja eines der technisch am weitesten entwickelten Länder der Welt ist, unterscheidet sich die Kultur doch sehr von der europäischen. Allein die Tatsache, dass man in den Läden stets freundlich begrüßt wird oder die Art der freundlichen Ansprache, wenn man mit dem Zug fährt - ein wahres Service-Paradies. Davon können wir in Deutschland noch einiges lernen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, das deutsche Alphabet nach dem Vorbild des Hangeul in Form von Silben zusammenzufassen?
Ich hatte keine Vorstellung davon, wie Korea sein würde. Ich machte mir Sorgen darüber, dass ich gnadenlos untergehen würde in einer Welt, in der ich nicht einmal die Schrift lesen konnte. Also beschloss ich, vor der Reise das koreanische Alphabet zu lernen. Ich war in Korea hauptsächlich damit beschäftigt, irgendwelche Schriftzüge zu entziffern. Das hat mich wahnsinnig fasziniert. Da dachte ich mir, es sollte doch möglich sein, die Prinzipien der koreanischen auf die lateinische Schrift zu übertragen.
Welche Merkmale der koreanischen Schrift haben Sie besonders angesprochen?
Die Einfachheit der Buchstaben. Trotz dieser Einfachheit oder vielleicht sogar deswegen, kann man die Buchstaben prägnant voneinander unterscheiden, und die Silbengruppierung ist anfänglich sehr hilfreich beim Lesefluss. Sie erlaubt es einem, kurze Pausen beim Lesen einzulegen und dabei den Silbenrhythmus zu berücksichtigen.